Königsberger Modelleisenbahner beim Dampflokfest in Meiningen
Die alte Residenzstadt Meiningen ist nicht nur bekannt für seine Theaterkultur, sondern es ist auch das Mekka der Dampfeisenbahnfans in Europa und darüber hinaus. Immerhin besteht dort das letzte größere Dampflokomotivinstandsetzungswerk in Westeuropa, das heuer sogar ein zweifaches Jubiläum feiern kann. Es wurde nämlich vor 100 Jahren – kurz vor Beginn des 1. Weltkrieges – eröffnet, und vor 20 Jahren begann die jährliche Reihe der Dampfloktage, mit der sich das Werk dem breiten Publikum öffnet und viele noch betriebsfähige Feuerrösser, die sich hauptsächlich im Besitz nostalgieversessener Vereine befinden, aus allen Himmelsrichtungen anzieht. Das war natürlich Anlaß für die beim Volksbildungswerk Königsberg beheimateten Modelleisenbahner, ihren diesjährigen Gemeinschafts-ausflug dorthin zu richten. Allerdings benutzte man nicht einen der dampfbespannten Sonderzüge, von denen auch einer über Haßfurt rollte, sondern bildete der Einfachheit halber Fahrgemeinschaften und gab so der Konkurrenz Straße – auch angesichts der doch kurzen Entfernung – den Vorzug. Hundert Meter lange Schlangen vor dem Einlaßportal machten beim Eintreffen am frühen Vormittag schon deutlich, welchen Zuspruch die Veranstaltung aus nah und fern findet. Und so war es denn auch meist recht mühsam, sich durch die weiten Werkshallen, in denen zwischen den Reparaturfahrzeugen und den Bearbeitungsmaschinen eine riesige Zahl von Ständen der gleichzeitig stattfindenden Börse für Eisenbahnaccessoires und Modellbahnartikel aufgebaut waren, hindurchzuzwängen und nach Schnäppchen Ausschau zu halten bzw. sich an den Imbißständen eine Stärkung zu ergattern . Die größte Attraktion sind allerdings die riesigen unter Dampf stehenden Maschinen vielerlei Gattungen, deren Fauchen und Zischen, Qualmen und Puffen das Herz jedes Eisenbahnfreaks hochschlagen läßt. Ja sogar war es möglich, selbst Hand an den Regler einer großen Güterzuglokomotive der Baureihe 50 zu legen, um den Ehrenlokführerschein zu erwerben. Das Kinderherz erfreute besonders die Mitfahrt auf dem Führerstand einer auf Hochglanz polierten Schmalspurlokomotive, die unermüdlich die ihr zugewiesene Strecke stampfend und pfeifend hin- und herratterte. Beeindruckend sind besonders auch die in den Werkshallen stehenden Fahrzeuge unterschiedlichen Aufbau- bzw. Reparaturzustandes und die Bearbeitungsmaschinen für eine antiquierte Technik, in der tonnenschwere Stahlplatten, -röhren und –stangen so zu formen sind, daß sie den gewaltigen Druck- und Antriebskräften, die im Bauch der schwarzen Ungetüme entstehen, gewachsen sind. Und mitunter stellt sich einem die Frage, ob aus manchem „Rosthaufen“ noch was Sinnvolles entstehen kann. In regelmäßigen Führungen gab es dazu eingehende Erläuterungen. Für die Fans aus Königsberg ein hochinteressanter und ereignisreicher Tag, an dessen Kohlen- und Ölduft sie sich tags darauf beim Beschnuppern ihrer Kleidung noch ergötzen konnten.
Wülflingen, 08.09.2014 Klaus Kunkel
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